2. Stuttgarter Zukunftsrede (2023) mit Liao Yiwu

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Liao Yiwu, chinesischer Schriftsteller, Musiker, Träger des Geschwister-Scholl-Preises sowie des Friedenspreises des deutschen Buchhandels und einer der wichtigsten Chronisten Chinas hielt am 18.01. im Rathaus die 2. Stuttgarter Zukunftsrede: "Unsichtbare Kriegsführung. Wie ein Buch ein Imperium bezwingt".
[Foto: Christoph Niemann]

2. Stuttgarter Zukunftsrede (2023)

Liao Yiwu: Unsichtbare Kriegsführung. Wie ein Buch ein Imperium bezwingt

Liao Yiwu, chinesischer Schriftsteller, Musiker und Träger des Geschwister-Scholl-Preises sowie des Friedenspreises des deutschen Buchhandels gehört zu den wichtigsten Chronisten Chinas. In seinen Texten kritisiert er immer wieder Systeme des Machtmissbrauchs, gibt den Entrechteten eine Stimme und greift dabei auf eigene Erfahrungen der Inhaftierung und Misshandlung zurück. 
Am 18. Januar 2023 hielt er im Stuttgarter Rathaus vor über 500 Zuhörer:innen und knapp 1000 Zuschauer:innen im Livestream eine bewegende Rede, die 2. Stuttgarter Zukunftsrede. 33 Jahre nachdem er in China wegen der Veröffentlichung seines regimekritischen Gedichts „Massaker“ und der Arbeit an dem Kunstfilm „Requiem“ zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt wurde und 12 Jahre nachdem ihm die Flucht nach Deutschland gelang, sprach er hier über seine Zeit und sein Schreiben im Gefängnis, die Zeit danach und seine Flucht aus China. Die Rede endete mit Gedanken zur aktuellen Situation in China, insbesondere im Hinblick auf den Umgang der chinesischen Regierung mit dem Corona-Virus. 
Er sei überzeugt, so Yiwu, das Regime in China werde wie alle anderen Unrechtsregime verschwinden. Die verübten Untaten dagegen würden für alle Zeit im Aufgeschriebenen festgehalten. Für Chinas Zukunft wünsche er sich die Auflösung des großen Imperiums, erklärte er im anschließenden Gespräch mit dem ehemaligen Botschafter der Bundesrepublik in China Volker Stanzel.

Begleitprogramm zur 2. Stuttgarter Zukunftsrede

Michael Zürn: Über die (mangelnde) Attraktivität neuer autoritärer politischer Systeme

Bereits eine Woche vor der Zukunftsrede führte Michael Zürn in das Thema ein. Er analysierte die globale Tendenz zum Wiederaufleben des Autoritarismus. Diese Trendwende habe ihren Ursprung in den Terroranschlägen 2001 auf das World Trade Center. Der Trend zum Autoritarismus hänge nicht nur von der sinkenden Attraktivität der Demokratien, sondern vor allem auch von der Attraktivität autoritärer Regime ab. Es werde daher neben einer Theorie der Demokratisierung auch eine der Autokratisierung benötigt, betonte Zürn, und stellte Beispiele aus einer Typologie der Autokratie vor: Er ging auf den militärischen, sozialistischen, theokratischen, technokratischen und populistischen Autoritarismus ein. Das chinesische Regime sei als technokratischer Autoritarismus einzuordnen, eine Form mit einer in der Regel entpersonalisierten Staatselite als Machthaber, einer unterdrückten Opposition, dem Legitimationsnarrativ „Leistung und Wohlstand“ und einer vergleichsweise schwachen ideologischen Mobilisierung der Bevölkerung. In letzter Zeit sehe man allerdings zunehmende Tendenzen eines populistischen Autoritarismus.
Die Vielzahl an Fragen und Diskussionsbeiträgen am Ende des Vortrags verdeutlichte nochmals die drängende Aktualität des Themas.

Podiumsdiskussion: Digitalisierung und Überwachung

Nach einem Grußwort von Simone Rehm, Prorektorin für Informationstechnologie (CIO) der Universität Stuttgart diskutierte das hochkarätig besetzte Podium sowohl über die Gegenwart digitaler Überwachung in China, wie auch über mögliche Zukunftsszenarien für Deutschland und Europa. Stefan Brink (ehem. Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit BW), Katika Kühnreich (Politikwissenschaftlerin und Sinologin) und Michael Resch (Direktor HLRS Stuttgart) waren sich einig, dass es eine maßgebliche Stellschraube zur Gestaltung einer wünschenswerten digitalisierten Zukunft gebe, mit der einem Missbrauch wie aktuell in China vorgebeugt werden könnte: die öffentliche und politische Debatte über technologische Innovationen und die Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Verwendung.

Medienresonanz

Presse

Fernsehen, Hörfunk, Digital

Bericht der Hochschulkommunikation | Universität Stuttgart

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