Klaus Hentschel (Stuttgart): Frühe Teleskopie als Beispiel für eine neue visuelle Kultur

18. Mai 2009, 21:00 Uhr

Reihe: Kepler-Ringvorlesung

Zeit: 18. Mai 2009, 21:00 Uhr
Veranstaltungsort: Stadtbücherei Stuttgart
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Prof. Dr. Klaus Hentschel leitet die Abteilung für Geschichte der Naturwissenschaften und Technik an der Universität Stuttgart. 

Mit der Erfindung des Teleskops im frühen 17. Jahrhundert und den mit diesem neuen Forschungsinstrument gemachten neuen Entdeckungen transformierte sich der Charakter der Astronomie. Vor diesem Umbruch dominierten Repräsentationsformen wie Sterntafeln und –Tabellen, also Listen der Koordinaten von astronomischen Objekten, auch wenn diese auf Beobachtungen mit klassischen Peilinstrumenten basierten und z.T. bereits Ausdruck in Sternkarten fanden. Durch Teleskopie wurde eine Kartographie des Mondes (Selenographie) sowie der Flecken auf der Sonne (Heliographie) möglich, wobei letztere ebenso wie die Monde des Jupiter in geradezu kinematographischen Sequenzen repräsentiert wurden.

Immer bessere Teleskope ermöglichten eine schrittweise Auflösung der Struktur rätselhafter astronomischer Objekte wie den Ringen des Saturn oder der Schweife von Kometen (Kometographie). Aus einem flachen (projektiven) 2D-Registrieren von Winkeln wurde im Falle der Krater des Mondes durch den perspektivisch geschulten Galileo Galilei ein dreidimensionales Tiefen-Sehen. Interpretierendes Sehen und visuelle Analogien wurden gewagt und führten zu z.T. heftigen Kontroversen etwa über die Deutung von Sonnenflecken oder Kometen. Astronomie war mit Galileis und Keplers, Scheiners und Hevelius' Teleskopie zu einer völlig veränderten, nunmehr massiv visuell repräsentierenden und argumentierenden Wissenschaftskultur geworden.

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