Elmar Schenkel: Keplers Traumreise zum Mond. Literarische Nachwirkungen einer wissenschaftlichen Fiktion

19. Oktober 2009, 21:00 Uhr

Reihe: Kepler-Ringvorlesung

Zeit: 19. Oktober 2009, 21:00 Uhr
Veranstaltungsort: Stadtbücherei Stuttgart
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Prof. Dr. Elmar Schenkel ist Lehrstuhlinhaber für Britische Literatur am Institut für Anglistik der Universität Leipzig.

Im Jahre 1609 verfasste Kepler auf Latein einen merkwürdigen Text über eine Reise zum Mond, halb Wissenschaft, halb Märchen, in jedem Fall eine Allegorie, gesetzt in die Form eines Traumes: Somnium. Es erschien erst vier Jahre nach seinem Tod (1634) und wurde erst im späten 19. Jahrhundert teilweise ins Deutsche übersetzt. Kepler wollte das Manuskript nur unter Gelehrten zirkulieren lassen, ging es ihm doch um die Anerkennung des heliozentrischen Weltbildes sowie um Probleme der Gravitation und anderer Hindernisse, die bei einer Mondfahrt entstehen würden. 

Doch bald entstanden auf Grund des literarischen Charakters des Textes, in dem die seltsamen Mondbewohner beschrieben werden, gefährliche wie produktive Missverständnisse. Somnium diente einerseits den Anklägern seiner Mutter, die als Hexe verdächtigt wurde, als Beleg für dämonische Machenschaften. 

Andererseits wurde Keplers Traum das Modell zahlreicher Mondfahrten in der Literatur. Kepler hatte aus der rein literarischen Mondreise der Antike (Lukian) eine wissenschaftliche Erzählung gemacht, also so etwas wie die erste Science-Fiction-Geschichte. Sein Traum sollte allen künftigen kosmischen Reisenden zum Vorbild werden: Cyrano de Bergerac und Jules Verne ebenso wie H.G. Wells und C.S. Lewis. Über diese von Kepler begründete Tradition der Mondreise soll es im Vortrag gehen, wobei auch unbekanntere (etwa ost- und mitteleuropäische) Mondreisen vorgestellt werden sollen. Letztlich geht es um die Frage: Wie befruchten sich Literatur und Naturwissenschaft und warum ist Kepler für eine solche Wechselbeziehung ein hervorragendes Beispiel, das bis heute nachwirkt?

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