Rückschau auf: "Dreaming" und "EcoUprising – Dawn of Truth?"

10. Dezember 2024

Am 05.12. fand die vierte und letzte Veranstaltung der Reihe Film & Diskurs statt. Dabei wurde die Zukünftige Freiheit des Fliegens aus technologieoffener, ökonomischer und soziologischer Perspektive diskutiert.

Was, wenn Fliegen zum Privileg der Eliten wird?

Mit diesem düsteren Zukunftsszenario beschäftigte sich das Filmteam um „EcoUprising – Dawn of Truth?“. Ihr Film zeigt Mitschnitte aus polizeilichen Verhören zum ungelösten Fall eines entführten, wasserstoffbetriebenen Flugzeugs. Dabei kommen ein Umweltaktivist, die Verkehrsministerin und der Geschäftsführer des Flugzeugunternehmens zu Wort. Der zugrunde liegende Konflikt dreht sich um die Frage, wessen Freiheit des Fliegens in Zukunft zählen wird. Die neue, wesentlich teurere Technologie reproduziert soziale Ungleichheiten, wodurch Fliegen zu einem Statussymbol individueller Freiheit wird.

Die Filmemacher:innen von "EcoUprising"

Technologieentwicklung und soziale Ungleichheiten

Prof.-Ing. Josef Kallo, Mitgründer und CTO von H2FLY, reagierte in der anschließenden Podiumsdiskussion auf den Film. Er schätze das vom Film entworfene Szenario als durchaus realistisch ein, betonte jedoch entschieden: „Ich will nicht, dass es so kommt.“ Allerdings, so Kallo, unterliege die Entwicklung einer neuen Technologie zunächst der kapitalistischen Logik, den Markt als erster für sich zu gewinnen. Erst später ginge es dann um die Frage der Verfügbarmachung für die breite Masse. Für Kallo liegt die entscheidende Stellschraube in der Energiebereitstellung: Diese könne demokratisch kontrolliert werden, um einen werteorientierten Maßstab zu setzen.

Die Soziologin Nina Degele, die sich mit „privilegienblindem Reisen“ beschäftigt, stimmt der Analyse des Films zu. Sie halte das Szenario für realistisch, weil es kapitalistische Logiken und damit verbundene Freiheitsvorstellungen aufgreift. Freiheit als Freiheit der Eliten werde in kulturellen Kontexten praktiziert und selten selbstkritisch auf Privilegien hin geprüft. Das postfossile Fliegen könnte, so Degele, zur Selbstinszenierung und Legitimation von Privilegien dienen.

Podiumsdiskussion mit Nina Degele, Josef Kallo und Felix Heidenreich

Traumreisen und tiefe Verbundenheit mit nicht-menschlichen Lebewesen als Alternative?

Der Film „Dreaming“ eröffnet eine ganz neue Perspektive: Was, wenn wir in gesteuerten Träumen grenzenlos reisen könnten und dabei sogar die Form nicht-menschlicher Lebewesen annehmen könnten? Der Film dokumentiert die Aussagen einer Wissenschaftlerin und die Erfahrungen eines Probanden, der sich während seiner Traumreise in Gestalt eines Fisches wiederfand. Die anderen Fische, so erzählt er, seien für ihn zu Artgenossen geworden. Die Erfahrung der tiefen Verbundenheit und Freiheit habe ihm vor Augen geführt, dass der Schutz der Natur in der menschlichen Verantwortung liege.

Diese Vision zeigt eine Technologie, die eine tiefe Verbundenheit mit der Natur ermöglicht: Nicht mehr Kleidung oder Technik schützen uns vor der Natur, sondern wir bewegen uns als Teil von ihr – wie ein Fisch im Wasser. Diese Imagination eröffnet neue Möglichkeiten, erfordert jedoch ein radikales kulturelles Umdenken.

Nina Degele argumentiert, dass alternative Reiseerfahrungen in politische Stimmen übersetzt werden müssten. Auch die kulturellen Bedingungen müssten sich verändern: Solange Vielflieger:innen, die sich als weltoffene "Global Player" inszenieren, strukturell bevorzugt werden, wird es erstrebenswert bleiben, die Welt mit dem Flugzeug zu bereisen.

Das Filmteam von "Dreaming"

Film & Diskurs als Format der Wissenschaftskommunikation

Die letzte Veranstaltung unserer Reihe Film & Diskurs hat gezeigt, dass die spekulativen (Dokumentar-)Filme der Studierenden als Impulse für durchaus kontroverse Diskussionen zwischen den disziplinären Fachperspektiven dienen können. Die Filme geben Einblicke, wie junge Menschen die Zukunft denken, den Freiheitsbegriff reflektieren und die Grenzen des Vorstellbaren ausloten – was befürchtet oder gehofft wird.

Der Ansatz, große Fragen über Zukunft an alltagsnahen Praktiken zu orientieren, hat viele Menschen angesprochen. Die Veranstaltungen wurden von einem sehr diversen Publikum besucht, was den Erfolg des Formats unterstreicht.

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