Rückschau auf "2449" und "Pauls Show"

2. Dezember 2024

Zum Thema zukünftige Freiheiten des Bauens sind im Projekt gleich zwei Filme entstanden: 2449 und Pauls Show wurden am 21.11. im Hospitalhof uraufgeführt und mit Akteur:innen aus Architektur und Stadtplanung diskutiert. Die beiden Filme zeigen die Vielfalt der Ansätze der Studierenden.
[Bild: IZKT]

Poetische und spekulativ-dokumentarische Ansätze

„Für alle Träumer der heilen Welt“ will Marlene eine Reportage über junge Studierende in der Zukunft machen. Über einen Tunnel geht sie zu Fuß ins Jahr 2049 und landet in einer Wohngemeinschaft. Der Fokus ihrer filmischen Arbeit liegt auf Mikas Alltagssorgen, die um sein Architekturstudium, aber auch persönliche, queere Themen kreisen. Der Professor nimmt ihn im Kleid nicht ernst und ein analoges Modell sei nicht mehr zeitgemäß. Trotzdem fertigt Mika - 2049 ein Retrotrend? - ein analoges Modell an: ein Neubau mit Solarplatten-Fassade.

Aus dem Film lässt sich eine Zukunftsprognose ableiten: Immer mehr Disziplinen werden in Bauprojekte eine Rolle spielen, was die Gestaltungsfreiheit zunehmend herausfordern wird. Architekt:innen werden mehr und mehr mit Baubiolog:innen, Klimatolog:innen oder Sozialwissenschaftler:innen zusammenarbeiten müssen. 

Dem poetischen Ansatz des Films, der sich in Marlenes Suche nach einer guten Zukunftsperspektive widerspiegelt, liegen Interviews mit einem Architekturbüro aus dem Hospitalviertel zugrunde. Am Ende irrt Marlene im Tunnel zwischen Zukunft und Vergangenheit und ist unsicher, welche Richtung sie einschlagen will.

Filmschau "2449" im Hospitalhof

Soziokulturell geprägte Imaginationen vom Guten Wohnen

Der zweite Film „Pauls Show“ inszeniert eine Fernsehsendung. Auf einem Sofa sitzend moderiert Showmaster Paul 2049 seine Sendung zum Thema Bauen an. Über einen Rückblick werden Archivaufnahmen aus dem Jahr 2024 eingespielt. Dafür führte das Filmteam Straßeninterviews mit Passant:innen und Schülerinnen im Hospitalviertel. Das Interview mit einer älteren Frau zeigt, dass das zukünftig Vorstellbare auf vertrauten Formen aufbaut: sie selbst sei in einem 22-stöckigen Hochhaus aufgewachsen und glaube, dass es zukünftig wieder in die Höhe gehen wird.  Durch die Gegenüberstellung von Alt und Jung wird deutlich, dass Imaginationen von gutem Wohnen sich nach Alter unterscheiden: Schülerinnen können sich gut vorstellen, in einer WG zu wohnen bis sie eine Familie gründen. Älteren Generationen bietet betreutes Wohnen den Austausch mit Gleichgesinnten.

Filmgespräch mit dem Filmteam von "Pauls Show"

Gegenwärtig normative Ideale hinterfragen und Vorteile anderer Wohnformen starkmachen

Die Thematik Einsamkeit in Städten wurde auch von Angelika Lückert in der Podiumsdiskussion aufgegriffen. Sie plädierte dafür, das menschliche Bedürfnis nach Gemeinschaft wieder mehr in der Planung zukünftiger Wohnformen mitzudenken. Nicht die Frage nach Verlust, sondern nach gesellschaftlichen Vorteilen solle im Mittelpunkt stehen: Was könnten wir an Lebensqualität dazugewinnen, wenn wir das Ideal des Einfamilienhauses hinter uns ließen?

Auch Richard Königsdorfer vom Verein ADAPTER machte seine Vision klar: zukünftig solle nur noch im Bestand gebaut werden. Wie leerstehende Bestandsflächen temporär genutzt werden und Wohnformen der Zukunft ganz praktisch „ausprobiert“ werden könnten, zeigte das Projekt seines Vereins in der Neckarspinnerei in Wendlingen. Dort erprobten Menschen einen Sommer lang das Zusammenleben in Wohnmodulen in einer leerstehenden Fabrik. Der Bausektor sei ein „enormer Hebel“, weil durch Gebäude und Raumerleben neue Bilder von Zukünftigem hergestellt werden können. Zudem könne es eine geradezu spielerische Aufgabe sein, Bestandsgebäude umzuplanen, anstatt sie abzureißen.

Der Stadtforscher und Filmemacher Tino Buchholz fügte hinzu, dass temporale Projekte Möglichkeiten eröffnen, die leider zu wenig ernstgenommen werden, um permanent zu werden. Außerdem müsse die westliche und eurozentrische Perspektive auf Bauen und Wohnen reflektiert werden. Dies sollte nicht als das Maß; das "Normale" gesetzt sein, sondern als Produkt eines langezeit ökologisch blinden Liberalismus gesehen und verändert werden. 

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