Susan Neiman (Berlin): Was ist moralische Klarheit?

December 8, 2010, 9:00 p.m. (CET)

Reihe: Kulturtheorien

Time: December 8, 2010, 9:00 p.m. (CET)
Venue: Stadtbücherei Stuttgart, Konrad-Adenauer-Str. 2
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Prof. Dr. Susan Neiman ist Direktorin des Einstein Forums. Geboren in Atlanta, Georgia, studierte sie Philosophie an der Harvard Universität und der Freien Universität Berlin. Bevor sie 2000 die Leitung des Einstein Forums übernahm, war sie Professorin für Philosophie an der Yale Universität und der Tel Aviv Universität. Neiman ist Autorin u. a. von 'Slow Fire: Jewish Notes from Berlin', 'The Unity of Reason: Rereading Kant', 'Evil in Modern Thought', 'Fremde sehen anders' und 'Moral Clarity: A Guide for Grown-up Idealists'.

Wer spricht noch heute von der Moral? Wollen wir Wörter wie gut, böse, Held oder Ehre hören, müssen wir nach rechts schauen. Denn andere sind längst überzeugt: moralische Begriffe sind nicht nur verstaubt sondern verlogen, verschleierte Herrschaftsinstrumente, um die eigene Macht zu befestigen. Aus Angst vor Missbrauch werden die stärksten Begriffe, die wir haben, gerade denjenigen überlassen, die sie am ehesten missbrauchen.

In ihrem soeben auf Deutsch erschienenen Buch Moralische Klarheit plädiert Susan Neiman dafür, moralische Begriffe nicht dem konservativen Lager zu überlassen. Ausgerechnet die Bibel liefert uns Argumente, dass die Religion nicht die Quelle aller Moral ist; Abraham und Hiob sind Kronzeugen dafür, dass Werte wie Mitgefühl und Gerechtigkeitsempfinden, Mut vor Autorität und Wahrheitsliebe älter sind als jede Religion. Die Religion kann oft ein Ausdruck der Moral, nie aber seine Grundlage sein. Als Fundament für aktuelle Moralbegriffe sollen wir die Mittel der viel verschmähten Aufklärung ergreifen, die von den Karikaturen ihrer Kritiker wie Adorno, Horkheimer und Foucault befreit werden können. Hierbei geht es weniger um bekannte Aufklärungsbegriffe wie Toleranz oder Skeptizismus, sondern um Werte wie Glück, Vernunft, Ehrfurcht und Hoffnung. Mit Beispielen, die von der Antike bis zur gegenwärtigen Politik reichen, zeigte Prof. Susan Neiman, wie man Moralbegriffe zurückgewinnen kann. 

Vortrag in der Reihe "Kulturtheorien", veranstaltet vom IZKT in Kooperation mit der Breuninger Stiftung und der Stadtbücherei Stuttgart.

PODCAST des Vortrags >>

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