Kolloquium und Podiumsdiskussion: Stefan George in Frankreich - Aspekte einer komplexen Beziehungsgeschichte

June 27, 2011

Reihe: Frankreich-Schwerpunkt

Time: June 27, 2011
Venue: Literaturhaus Stuttgart , Breitscheidstr. 4 (Bosch-Areal)
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Leben, Werk und Wirkung Stefan Georges sind in den letzten Jahren durch zahlreiche, mitunter kontrovers diskutierte Veröffentlichungen in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt.

Die preisgekrönte Biographie Ulrich Raulffs rekonstruiert, wie die Wirkungen des George-Kreises die deutsche Kultur des 20. Jahrhunderts durchziehen. Thomas Karlaufs Biographie beschreibt George als einen Erfinder des Charismas und wirft die Frage nach den politischen Wirkungen einer auf Exklusivität, Pathos und Ausnahmezustände abzielenden Ästhetik auf. Gegen Vereinfachungen, die das George-Bild bis heute zu prägen scheinen, haben Ernst Osterkamp mit einer eingehenden Interpretation des lyrischen Spätwerks Georges und Ute Oelmann u.a. mit Untersuchungen zur Rolle der Frauen um George Einwand erhoben. Robert Norton hat diese innerdeutschen Prozesse der Selbstverständigung wiederum einer kritischen Analyse von außen unterzogen. Diese Debatten zeigen deutlich, dass es sich bei der Frage nach Georges Wirkung nicht nur um ein philologisches Detail handelt, sondern um eine Diskussion über zentrale Weichenstellungen in der deutschsprachigen Kultur des 20. Jahrhunderts. Die neue Kulturgeschichtsschreibung hat jedoch das Paradigma einer allein national ausgerichteten Sichtweise erfolgreich hinter sich gelassen und gerade im Falle Georges liegt die Suche nach Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Nationalkulturen nahe.

Das Kolloquium ging daher der Frage nach, inwiefern sich George in formaler Hinsicht wie in Hinsicht auf Selbstinszenierungsstrategien des Künstlertums von der französischen Moderne hat inspirieren lassen. Die Vermutung, dass eine vermeintlich rein deutsche Selbstverständigung nur durch den Rückgang auf ihre deutsch-französischen Quellen richtig zu verstehen ist wurde untersucht. Das anschließende Podiumsgespräch „Stefan George heute“ diskutierte die Tendenzen der jüngsten George-Rezeption.




Programm:


Kolloquium
14.00 - 18.00 Uhr

„Stefan George in Frankreich: Aspekte einer komplexen Wirkungsgeschichte“

14.30 Uhr
Wolfram Pyta (Stuttgart)
Begrüßung

14.45 Uhr
Thomas Karlauf (Berlin)
„Transformationen des „l‘art pour l‘art“– Stefan Georges Weg nach Deutschland“

15.30 Uhr
Kaffeepause

15.45 Uhr
Hans Manfred Bock (Paris/Kassel) 
„Stefan George und Stéphane Mallarmé in der Sicht vergleichender Intellektuellengeschichte“

16.30 Uhr
Gunilla Eschenbach (Marbach)
„Nachahmung als Rezeptionsmodus des Symbols. George und Mallarmé im Vergleich“

17.15 Uhr (Programmänderung)
Martin Urmann (Berlin)
Ästhetik der Zerstreuung und Politik der Identität bei Mallarmé und George. Zwei Entwürfe des Dichterischen im Zeitalter der Gesellschaft

Eintritt frei



Podiumsgespräch
ab 20.00 Uhr

„Stefan George heute“

mit Thomas Karlauf (Berlin), Ernst Osterkamp (Berlin) und Ute Oelmann (Stuttgart)
Gesprächspartner: Joachim Kalka und Gerd de Bruyn*

Thomas Karlauf, Autor der Biografie Stefan George. Die Entdeckung des Charisma (2007), Ernst Osterkamp, dessen Buch Poesie der leeren Mitte. Stefan Georges Neues Reich 2010 erschien, und Ute Oelmann, Mitherausgeberin von Frauen um Stefan George und Clotilde Schlayers Erinnerungen Minusio (beides 2010) diskutieren mit Joachim Kalka und Gerd de Bruyn über die jüngste George-Rezeption. Wendet sich das wiedererwachte Interesse an George erneut dem Werk zu?

Eintritt: Euro 9,- / 7,- / 4,50




*Teilnehmer:

Hans Manfred Bock
Literatur- und Politikwissenschaftler
Er lehrte als Professor an der Sorbonne, an den Universität in Paris III und Kassel.

Gerd de Bruyn
Professor für Architekturtheorie
Leiter des IZKT an der Universität Stuttgart

Dr. Gunilla Eschenbach
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Literaturarchiv, Marbach
Ihre Dissertation „Imitatio im George-Kreis“ erschien soeben im Verlag De Gruyter.

Dr. Angelika Jacobs
Privatdozentin für Neuere deutsche Literatur, Hamburg

Joachim Kalka
Autor, Kritiker und Übersetzer, Stuttgart

Thomas Karlauf
freier Autor, Berlin

Dr. Ute Oelmann
Leiterin des Stefan George Archivs 
Württembergische Landesbibliothek, Stuttgart

Ernst Osterkamp
Professor für Neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin

Wolfram Pyta
Professor für Neuere Geschichte

Leiter des Frankreich-Schwerpunkts am IZKT der Universität Stuttgart

Martin Urmann
Studium der Geschichte und Philosophie in Berlin und Paris
Dissertation in vergleichender Literaturwissenschaft an der FU Berlin zum Thema "Resonanzeffekte. Zum Verhältnis von Oberfläche und Tiefe in der französischen und deutschen Fin-de-siècle Kunst"


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